Didier Plaschy

Kompetenter, Entertainer und Querdenker

Wo er auftritt, hinterlässt er Spuren. Schon als Rennfahrer gehörte Didier Plaschy zu den schillerndsten Figuren. Als Trainer verblüffte er mit seinen Innovationen. Als Co-CEO von Ski Valais ist er daran, strategisch Akzente zu setzen. Und als neuer Ski-Experte bei Schweizer Radio und Fernsehen gab er einen überzeugenden Einstand.


Um Didier Plaschy herum ist es selten ruhig. Das Mundwerk ist immer auf Betriebstemperatur. Da könnte sich sogar Altmeister Bernard Thurnheer eine Scheibe abschneiden. Ein Teamkollege verpasste ihm einst das Attribut «Bla-Bla-Plaschy». Aber er ist eben einer, dem man gerne zuhört, ja zuhören muss.

Nachhaltiger Effekt

Denn was Querdenker Plaschy sagt, sind selten Belanglosigkeiten. Er sieht Dinge, als Trainer oder TV-Experte, wo andere ein Dutzend Mal hinschauen müssen. Und er besitzt die Fähigkeit, seine Erkenntnisse auf spielerische und manchmal auch verrückte Art umzusetzen, dass nachhaltiger Effekt entsteht. Es ist kein Geheimnis: Der Aufstieg des vermeintlichen 2-Meter-Riesen Ramon Zenhäusern, dem kaum jemand eine solche Karriere zutraute, ist zu einem nicht unwesentlichen Teil auch das Verdienst von Didier Plaschy.

Inspirierend

Als am Fest von Ramon Zenhäusern in Visp nach den Winterspielen in PyeongChang zu vorgerückter Stunde Plaschy auf eine kleine Gruppe Journalisten traf, war er verbal richtig im Element. Mit Leidenschaft und Inbrunst erklärte er die Eigenheiten des Slaloms und insbesondere jene der Slalom-Hünen André Myhrer, Ramon Zenhäusern, Michael Matt und Clément Noël. Es waren die ersten vier des Olympia-Slaloms. Alle sind über 1,90 m gross. Damals war das kaum jemandem aufgefallen. Mario Rall, während Jahrzehnten die Stimme des Skisports im «Blick» und bei «Skionline», meinte: «Das sind die Momente, wo ich bedaure, dass ich pensioniert bin und nicht mehr schreibe.» Plaschy wirkt selbst auf abgebrühte Medienleute inspirierend.

Der Pragmatiker

Nach seinem Rücktritt als Aktiver mit 27 Jahren studierte er neben Psychologie und Pädagogik auch die pragmatische Variante: «Im Prinzip ist jeder Mensch, der etwas weitergibt und andere beeinflusst, ein Pädagoge.» Bei seinem gegenwärtigen Job-Profil als Co-CEO von Ski Valais (80%), Trainer und TV-Experte ist diese Basis hilfreich. Die Tätigkeit am Fernsehen gefalle ihm, sagt er: «Es ist eigentlich kein grosser Unterschied, ob ich zu Jugendlichen auf den Skipisten rede oder zu den Zuschauern am Fernsehen. Ich kann keine wissenschaftlich abstrakte Sprache verwenden, sondern versuche mit einfachen Worten und bildhaften Vergleichen zu überzeugen.»

Der Exzentriker

Er schöpft auch aus seinem Fundus aus der Aktivzeit, wo der Exzentriker, der in der Freizeit Dudelsack spielte, sich nicht immer optimal betreut fühlte: «Ich war ein sehr emotionaler Typ. Bei mir musste alles stimmen, das Material, die Vorbereitung, die Taktik, das soziale Umfeld. Wenn nur ein, zwei Details nicht passten, konnte ich das nicht kompensieren. Die Trainer besassen nicht die Flexibilität, mich zu ‹packen›. Was ich damals vermisste, versuche ich heute als Trainer besser zu machen.» Immerhin: Zweimal siegte er im Weltcup (in Vail und Beaver Creek). Mehr Erfolge weist kein Schweizer Slalomfahrer auf. In Kitzbühel war er 1999 Zweiter und in Wengen Fünfter. Fünf Jahre nach seinem Rücktritt versuchte er ein Comeback, das durch einen Kreuzbandriss jäh gestoppt wurde. Bei seinem letzten Sieg 2006 an einem FIS-Rennen in Splügen fuhren u .a. die 15 Jahre jüngeren Mauro Caviezel, Marc Gisin und Thomas Tumler schon mit.

Starker Regionalverband

Seit 2017 ist Plaschy (45) Co-CEO von Ski Valais, wo er zu Beginn stark mit Restrukturierungsaufgaben beschäftigt war: «In dieser Phase stand ich wenig auf den Ski. Aber ich kenne ja die Probleme, die wir auf den Skipisten haben, von meiner Tätigkeit im C-Kader und im Europacup her. Nach meiner Meinung müssen die Acht- bis Zwölfjährigen breitfächiger geschult werden. Man schickt sie zu früh ins Stangentraining, statt sie zu polyvalenten Skirennfahrern auszubilden.» Sein Ziel als CEO des momentan stärksten Regionalverbandes: «Ski Valais so zu positionieren, dass er auch in zehn Jahren up to date ist.» Auch wenn er im Moment in verschiedenen Bereichen aktiv ist, sieht er sich primär «ganz klar als Trainer». Und so lebt er als TV-Experte mit, wenn Schweizerinnen und Schweizer unterwegs sind. Mit fast allen hatte er in irgendeiner Form schon zu tun, kennt ihre Qualitäten, Stärken und Schwächen. Er ist ein Verfechter individueller Betreuung: «Ein Luca Aerni oder Loïc Meillard brauchen anderen Support als Ramon Zenhäusern. Bei ihnen kann man nach zwei, drei Stunden TechnikTraining sagen: Das ist okay. Ramon muss, tage-, wochen-, jahrelang gedrillt werden.» Er sagt das in seiner eigenen, bildhaften Sprache: «Durch den Fleischwolf drehen.» Sprachlich sind Plaschy eh keine Grenzen gesetzt. Er beherrscht alle lateinischen und germanischen Sprachen: Deutsch, Englisch, Schwedisch, versteht dadurch auch Norwegisch, Holländisch, dazu Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch. Ein tschechisches Sprichwort besagt: Jede Sprache, die man kann, ist wie ein Leben, das man mehr lebt. Nur auf Deutsch besteht noch ein klitzekleines Defizit. Vereinzelte Zuschauer müssen sich noch an sein Walliser Idiom gewöhnen und umgekehrt. Solche Details, die ihm als Aktiver so schwer fielen zu kompensieren, macht er am Fernsehen als kompetenter Entertainer wett. Und arbeitet an sich: «Ich bin noch in der Lernphase, ein Rookie. Mein Ziel ist, mit verständlichen Analysen auch jene abzuholen, die vom Skisport wenig Ahnung haben, von den Kindern bis zum Grosi.» Die Leute aus der Szene hat er schon weitgehend hinter sich.

SnowActive Februar 2019 – RICHARD HEGGLIN

Foto: Keystone